Die „Strasser-Methode“

Wie alles begann

44591d0affVor über 30 Jahren stand die Tierärztin Dr. Hiltrud Straßer vor einem Phänomen, dass Auslöser für viele Überlegungen und revolutionäre Erkenntnisse werden sollte: Mehr zufällig ergab sich, dass ihre eigenen Pferde in einem Offenstall lebten und ihr damaliger Hufschmied der Ansicht war, sie könnten ohne Beschlag auskommen. Das verwunderliche war, dass Pferde, die in teuren Ställen standen und regelmäßig professionell mit Hufeisen beschlagen wurden, eine Vielzahl gesundheitlicher Probleme aufwiesen, die eher kostengünstig gehaltenen Pferde hingegen nie krank wurden.
Stutzig geworden vertiefte sich Frau Dr. Straßer erneut in ihre Bücher, um nach einer Begründung zu suchen.
Bei ihren Studien kam immer häufiger die Frage nach der Natürlichkeit auf. Warum haben wild lebende Pferde, die durchaus mehr Gefahren und härteren Bedingungen ausgesetzt sind, keine Schwierigkeiten, domestizierte Pferde, die scheinbar gut behütet und umsorgt sind, hingegen so viele Krankheiten?
Hiltrud Straßer begann, eigene Forschungen und Untersuchungen anzustellen. Dabei wurde die Bedeutung der Zusammenhänge zwischen Lebensumständen und der Pferdegesundheit immer deutlicher. Dreh- und Angelpunkt wurde zunehmend die Hufgesundheit.

Forschung auf wissenschaftlicher Basis

Bei ihren Untersuchungen stieß Frau Dr. Straßer auf eine Bandbreite von in Vergessenheit geratenen Studien und Wissen über den Huf und ganzheitliche Denkansätze der Medizin. Diese, vereint mit ihren eigenen Forschungsergebnissen, gaben neuen Anstoß auf der Suche nach einer Möglichkeit, Pferde in menschlicher Obhut natürlich und gesund zu (er)halten.

Auf dem Weg zu der heutigen Straßer-Methode wurden viele wissenschaftlich anerkannte Faktoren berücksichtigt, die erstmalig in dieser Form zusammenwirkten und das Pferd als Ganzes in Augschein nahmen:

Histologie:

  • lebendes Gewebe
  • Das Gewebe benötigt regelmäßige Durchblutung und eine bestimmte Stoffwechseltemperatur
  • Nerven können nur in stoffwechselaktiver Umgebung arbeiten

Anatomie:

  • das Hufbein eines Equiden muss bodenparallel liegen
  • das Hufgelenk muss im Mittelpunkt über der Hufbeinbasis liegen
  • die Sehen des Beuge- und des Strecker-Apparates sind bei Ruhe im energieneutralen Gleichgewicht
  • Sehnen werden durch Muskelanspannung zwecks Bewegung verkürzt. Bei anhaltendem Tonus im Stehen kommt es zu Verkrampfungen

Physiologie:

  • Das Blut wird von Hufen und Gelenken im Bein aufwärts gepumpt. Das geht nur bei Bewegung
  • Excretion von Hufhorn ist mit der Durchblutungsmenge gekoppelt, die von der Bewegungsmenge abhängig ist.
  • Produktion von Hufhorn ist zur Entlastung des Körperstoffwechsels und des Blutes in bestimmter Größenordnung notwendig

Hippologie:

  • das natürliche Verhalten von Pferden besteht zu über 70% aus Bewegung
  • es gibt keinen Tag-Nacht-Rhythmus
  • Hornproduktion und Hornabnutzung sind in physiologischen Einklang

Physik und Mathematik

  • Hebelwirkungen am schiefen Kegelstumpf führt bei physiologisch korrekter Hufform zur Spreizung, bei unphysiologischer zu Zwangsituationen
  • Die Pumpfunktion ist nur bei Wechsel von Abflachen und Aufwölben der Hufsohle möglich. Bei Fixierung des Gewölbes nicht möglich!

Heutiger Stand

Die jahrelange Forschung und Praxiserfahrung in der Hufklinik Tübingen bzw. im Institut für Hufgesundheit und ganzheitliche Pferdebehandlung (IfHpP) haben gezeigt, dass die Hufe in sehr komplexem Zusammenhang mit dem Gesamtorganismus des Pferdes stehen. Viele Krankheiten und Probleme sind auf Deformationen, Anomalien und Disfunktion der Hufe zurückzuführen.
Auf der Suche nach einer ganzheitlichen Lösung entstand eine einzigartige Methode, die sich an dem Vorbild der Natur orientiert mit dem Ziel, den gesamten Pferdeorganismus gesund zu erhalten bzw. zu heilen. Bei den Hufen von Wildpferden stehen Abrieb und Wachstum des Hornes in Einklang, die Qualität bzw. die Stärke wird dabei durch ein ausgeprägtes Nervensystem den Bodenbeschaffenheiten angepasst. So erhält der Huf die für ihn ideale Form, mit der er leistungsstark und funktional ist – ohne jeglichen Schutz von außen.
Schlüsselfunktion für diese „natürliche Hufbearbeitung“ ist die Nutzung, d.h. durch die langen Strecken, die ein Wildpferd am Tag zurücklegt, bleiben Huf und Stoffwechsel/Zellproduktion in Bewegung: die Folge ist ein Gleichgewicht von Wachstum und Abnutzung.
Für die artgerechte und damit gesunde Haltung von Pferden und die Bearbeitung ihrer Hufe orientiert sich die Straßer-Methode deshalb an den Grundlagen der Natur und strebt das Ziel an, einen ebenso leistungsstarken und funktionalen Huf zu erhalten, wie er bei Wildpferden selbstverständlich ist.

Die Straßer-Methode in der Praxis

Die Hufbearbeitung und ihre korrekte Ausführung ist für das domestizierte Pferd von größter Bedeutung. Das Ziel der Straßer-Methode ist es, den Huf in seiner natürlichen Form und Funktion gesund und stark zu erhalten bzw. ihn zu Gesundheit und Stärke zu führen, so dass er ohne jegliche Art von Hufschutz auskommt.
Abhängig von der jeweiligen Situation kontrolliert der Hufheilpraktiker in individuellen Abständen die Hufe und korrigiert Abweichungen von der natürlichen Form.
Je nach Gesundheitszustand, Haltungsform, Bodenbeschaffenheit und besonders Bewegungsmenge werden gesunde Hufe in der Regel alle vier bis sechs Wochen bearbeitet.
Während eines Heilungsprozesses können deutlich kürzere Intervallen vonnöten sein, um eine komfortable und gleitende Umstellung zu gewährleisten.