Strahlfäule

Unappetitliche, schmierige Substanzen in den seitlichen und in der mittleren Strahlfurche geben Pferdehaltern oft den Verdacht auf Strahlfäule. Nicht selten wird aufgrund dieser Erscheinung von Tierärzten und Hufschmieden diese Verdachtsdiagnose bestätigt. Bei näherer Untersuchung stellt sich jedoch heraus, daß nur ein geringer Teil der Hufe mit feuchten Strahlfurchen an Strahlfäule erkrankt sind. Zunächst muß betont werden, daß in den Strahlfurchen Schweißdrüsen für ein feuchtes Klima in den engen Falten sorgen. Damit bleibt die Elastizität des weichen Strahlhornes gewährleistet und die Säurebakterien, die auch hier – wie überall in engen Falten auf der Säugetieroberfläche – leben und überall vorkommende Krankheits- und Fäulniskeime unterdrücken, finden ein geeignetes Milieu. In der Enge der Strahlfurchen kann das ständig nachgebildete Horn nicht anders abgestoßen werden (damit es nicht immer enger in den Furchen wird und drückt!) als durch Zersetzung in eine fliessfähige Masse. Das Zersetzen besorgen Säurebakterien. Säure ist ja bekanntlich geeignet, Fäulnis zu verhindern, weshalb wir seit alters her Gemüse in saurer Form haltbar machen (Sauerkraut, Silage usw.). Eine Zersetzung von Strahlhorn zu säuerlich bis käsig riechender Masse ist also der natürlich „vorgesehene“ Vorgang am Strahl. Es ist nicht sinnvoll, dieses feuchtsaure Milieu durch gründliches Reinigen zu beseitigen, weil sonst Fäulnis- und Krankheitskeime die Region erobern können. Wenn aber diese Zersetzungsschmiere nicht säuerlich-käsig, sondern modrig-faulig riecht, dann ist auch eine starke Empfindlichkeit im Strahlbereich festzustellen, meist sogar Lahmheit. In diesem Fall haben wir es mit Strahlfäule zu tun. In den Huflehrbüchern (Ruthe, Körber u.a.) werden hauptsächlich mangelhafte Hufpflege und unzureichende Stallhygiene als Ursachen genannt. Vielfach wird auch anhaltender Nässe oder Feuchtigkeit die Schuld gegeben. Als Maßnahmen zur Bekämpfung werden austrocknende und desinfizierende Behandlung in Form von abdeckenden Verbänden, Beschlagseinlagen, Reinigen mit Jodoformäther, Kupfervitriol etc. empfohlen. Langjährige Untersuchungen von Hufen und erfolgreiche Behandlung von Strahlfäule haben ein anderes Ursachenbild von diesem Krankheitszustand ergeben. Auf jeden Fall ist Feuchtigkeit nicht verantwortlich -denken wir nur an die Camargue-Pferde, die wochenlang durch überschwemmte Weiden laufen und gesunde Hufe behalten! Mangelhafte Hufpflege ist als Ursache nur bedingt zu nennen (bei engen Haltungsbedingungen); wer pflegt denn die Hufe der freilebenden großen Zuchtherden? Die Ursache liegt wie bei den meisten anderen Hufleiden in

Durchblutungsstörungen

In den alten Hufbüchern wurden schon Strahlfäulehufe als Zwanghufe abgebildet. Bei diesem Huf sind die Seitenwände parallel zu einander, weichen also nicht bodenwärts auseinander, wie es bei einem gesunden Huf der Fall wäre. Wenn aus einem gesunden Huf ein Zwanghuf wird , werden die seitlichen Sohlenhornplatten näher aneinander geschoben, auf Kosten des Strahles, der eingezwängt wird. Ein Querschnitt durch einen gesunden und einen Zwanghuf zeigt, was sich an der Situation im Hufinneren verändert. Der Horndruck auf die Übergangsstelle zwischen Sohlen- und Strahllederhaut ( hier wird im trachtenseitigen Bereich die Eckstrebe gebildet) quetscht die Lederhaut flach und behindert somit die Durchblutung im Bereich der Strahlfalte. Somit kommt zu wenig baustoffbeladenes Blut in der Strahllederhaut an und es wird zu wenig Strahlhorn gebildet in Relation zum stetigen Abbau des Weichhornes durch Bakterien. Der Strahl wird immer schwächer. Bei Austrocknung entstehen in der dünnen Weichhornschicht Risse, eventuell bis in die Lederhaut hinein, die sich dann infiziert. Wundsekret hat ein leicht alkalisches Milieu und begünstigt daher die Fäulniserreger. Wegen der Mangeldurchblutung kann die Strahllederhaut nicht heilen. Die Strahlregion ist druckempfindlich bis hin zur Lahmheit. Die Situation kann natürlich nicht mittels Austrocknung und Ruhigstellung (Boxenruhe) verändert werden, sondern nur durch Beseitigung der ursächlichen Zwanghufsituation. Der Zwanghuf muß also in eine normale weite Form gebracht werden, bei der die Strahllederhaut wieder optimal durchblutet wird. Es bringt gar nichts – wie es meist gehandhabt wird – über den Blutweg oder über den Verdauungstrackt durchblutungsfördernde und infektionshemmende Mittel zu verabreichen, weil sie wegen eingeschränkter Durchblutung dort gar nicht hingelangen. Zwanghufe zu weiten erfordert optimale Lebensbedingungen für das Pferd und häufige Hufbearbeitung (jeden 3. Tag), wenn ein Erfolg erzielt werden soll.

Es ist klar, daß mit Hufbeschlag Strahlfäule nicht zu heilen ist!